RIKARD SJÖBLOM'S GUNGFLY
Friendship Lim. CD Digipak
- Artikelnummer 26817
- Format: CD
- Genre: PROGRESSIVE
- Erscheinungsdatum: 09.11.2018
Erscheint im limitierten Digipak inklusive 3 Bonustracks.
Rikard Sjo¨blom kennt wohl jeder Prog-Rock-affine Hörer als den wahnsinnigen Multi-Instrumentalisten und Sänger von Beardfish, der sämtliche emotionalen Höhen und Tiefen passioniert intonierte und durch seine irrwitzige Bühnen-Performance die Massen in den Bann schlug. Als 2016 Beardfish aufhörten, konnte sich Sjöblom wieder verstärkt seinen Solo-Werken als GUNGFLY widmen. Das neue Album „Friendship“ widmet er allen seine vergangenen sowie gegenwärtigen Freunden und lässt gewohnt keine musiklische Facette vermissen: Friendship ist eine Sammlung von Hard Rock Songs, die sich gekonnt abwechslungsreich aus verschwurbelten Passagen, härteren Parts, aber auch waschechten Jazz-Elementen zusammensetzen.
Nach zwei Soloalben und einem Hattrick mit GUNGFLY legt RIKARD SJÖBLOM, bekannt von Beardfish und Big Big Train, die vierte Scheibe seiner dritten Band vor. Sie erscheint mit nur einjährigem Abstand von „On Her Journey To The Sun“ und wirkt dennoch weniger wie ein Schnellschuss als gründlich durchdacht.
Dabei half dem umtriebigen Schweden sicherlich auch der konzeptionelle Überbau, den er sich beim Sinnen über seine Kindheit zusammenzimmerte, denn „Friendship“ strahlt etwas naiv Pastorales aus, womit auch außer Frage steht, das das Projekt nur einen Fußbreit von seinem bisherigen Stil abgewichen sein könnte. Nein, die Platte bietet traditionellen Prog Rock durch und durch, komplett mit zwei überlangen Epen und detailverliebten Arrangements. Diese kreisen zusammengehalten von einer quirligen Rhythmusgruppe um miteinander verzahnte Klavier- bzw. Keyboard- und Gitarrenmelodien, während der Bandkopf am Mikro kein Wässerchen trübt.
Sein Überschwang steckt den Hörer an, und wer etwa an die beiden „Sleeping In Traffic“-Werke der Bartfische zurückdenkt, weiß auch, dass der Mann immer für Überraschungen gut ist. Aktuell tut er sich keinen Zwang an, sich innerhalb weniger Sekunden vom Jazz-Charmeur in einen Rocksänger zu verwandeln, Schonkost aus der Küche der späten Genesis mit schwergewichtigen Riffs anzureichern und Queen zur Ehre gereichende Opulenz ohne Ironie auf ebenfalls hörbar ernstgemeinte Düsterkeit treffen zu lassen.
Aufgrund der sehr vertrauten Klangästhetik ist das alles zwar irgendwie nichts Neues, aber verdammt kurzweilig umgesetzt worden. Die limitierte Auflage des Albums enthält zudem zwei hörenswerte Bonustracks und einen eher vernachlässigbaren "Radio Edit" des Titelstücks. (A. Schiffmann/musikreviews.de - 12/15)
Innerhalb weniger Wochen erscheinen gerade neue Alben der eng miteinander verbundenen Bands Gungfly, The Tangent und The Flower Kings. Ich sag's gleich wie's ist: Gungfly und The Tangent legen die proggigeren, die jazzigeren, die anspruchsvolleren Alben vor. Dabei wagen sich The Tangent am weitesten in den Jazz-Bereich vor, Gungfly sind dafür stilistisch breiter aufgestellt.
So richtig hab ich Rikard Sjöbloms Karriere-Entscheidungen seit, sammer, 2011, nicht verstanden. Mit "The Void" legten Beardfish damals ein New-Artrock-Album vor: Sie wandten sich damit ab von ihrer doch recht originellen und prägnanten Mischung aus Retroprog und Zappaeskem, um sich einem Genre anzuverwandeln, das zwar populär war (und bis heute ist), dessen Alben allerdings immer ein wenig generisch daherkommen. So ging ein großes Stück ihrer Wiedererkennbarkeit verloren.
Auf "+ 4626 - Comfortzone" sang Sjöblom dann "It feels like I've been doing this for a million years. Every note has been played before in this exact order too. And none of those buttholes out there really want anything new. So I just keep cookin' this ol' familiar stew and it's kind of rank" - und er meinte das genau so persönlich, wie manche es damals schon ahnten: Im Sommer 2016 löste er Beardfish auf.
Hatte es zuvor schon Spekulationen darüber gegeben, die Musiker würden sich Andy Tillisons Tangent anschließen (was ein reichlich ungewöhnlicher Vorgang gewesen wäre), tauchte Rikard Sjöblom dann ausgerechnet im Lineup von Big Big Train auf, einer zwar recht erfolgreichen, Beardfish aber doch weit unterlegenen Folkprogband. Kollege Peter schrieb damals: "alter Schwede, hat er dafür Beardfish aufgelöst?" Gleichzeitig betrieb er, zusammen mit ehemaligen Bearfishlern, sein Soloprojekt Gungfly weiter; wenn man den Kollegen glauben darf, mit recht unterschiedlichen Resultaten: mal folkig, mal psychisch, mal poppig, und auch mal proggig.
Gungfly kam mir immer wie eine verwässerte Version von Beardfish vor, weshalb ich bald das Interesse verlor. Mein Interesse an Big Big Train wiederum ist nie richtig erwacht, dazu ist mir deren Musik einfach zu seicht. Und vielleicht ist es manch anderem ja genauso gegangen. Das wär aber schade! Gungflys neues Album "Friendship" ist nämlich toll - und wer wie ich Rikard Sjöbloms Karriere nicht mehr so aufmerksam verfolgt, der könnte hier glatt wieder aufmerksam werden.
"Friendship" ist ein klasse Retroprog-Album. Gleich zu Beginn klingt es so, als wären die großen Tage von Beardfish noch gar nicht lange her: Handfester Retroprog mit jenen leichten, eingängigen und gleichzeitig immer etwas seltsamen Melodien, die für Rikard Sjöblom so typisch sind. Und immer noch trägt er sie - nun - er ist einfach kein großer Sänger vor dem Herrn.
Das Titelstück geht in die gleiche Richtung, ist aber durch einige polyphone Parts noch etwas angewürzt. Auch hier sind es vor allem die wunderbaren Melodieeinfälle, die sich ins Ohr fräsen. "If you fall, Pt. 2", die Fortsetzung eines kurzen Stücks von "On her Journey to the Sun" schlägt in die gleiche Kerbe: Spannender, phantasievoller Retroprog, geprägt von den typischen Sjöblom-Melodien.
Der eigentliche Höhepunkt des Albums aber ist das Instrumental "A Treehouse in a Glade". Das Stück beginnt mit einer wuchtige, zweieinhalbminütigen Einleitung, und mutiert dann zu einem wechselweise mal leichtfüßigen, mal kraftvollen Khatru, das primär von einer großartigen Cembalo-Melodie vorangetrieben wird.
Als schwächer wird man wohl die Ballade "They Fade" empfinden, die vermutlich eher wegen ihres Texts ihren Weg auf das Album gefunden hat, sowie den Rocker "Stone Cold", der trotz einiger proggiger Instrumentaleinlagen klingt wie ein unnötig komplizierter Bon-Jovi-Song. Auch das leicht angejazzte, angeblueste "Crown of Leaves" ist nicht das beste Stück auf dem Album, entlässt den Hörer dafür aber in einer schönen, leicht melancholischen Stimmung.
"Friendship"! Sehr schöne Scheibe. (N. Brückner/BBS - 11/15)